Seines bescheidenen Auftretens wegen wirkt Oliver Zeter nicht unbedingt wie ein Napoleon Bonaparte – zu groß gewachsen die Statur, zu männlich zupackend die Winzerhände und zu rechtschaffen und ehrlich der Charakter. Und doch – – aber von Anfang an!
Jeder Mensch wird einmal als kleines Kind geboren und das heißt heutzutage meistens: als Nichttrinker. Erst Jahre später, frühestens in der Jugend, idealerweise als schon reiferer Mensch, kommt er mit Wein in Berührung. Einen naturgeborenen Weinfreund gibt es daher wenn überhaupt nur im alten Griechenland. So kommt es, dass jeder Mensch die eine oder andere Heranführung an die Welt des guten Weins braucht. Der sptbrgndr-Redakteur wird hier einmal persönlich, wenn er gesteht, dass für seine eigene Heranführung an diese Welt niemand anderer verantwortlich ist als Oliver Zeter. Es war sein Pinot Noir Reserve, der den vormaligen Studenten mit einem Schlag zum Weinfreund bekehrte. Als Student ist es leider so, dass guter Wein Mangelware ist. Nicht nur sind gute Flaschen für studentische Verhältnisse zu teuer, auch herrscht, zumindest in den Fakultäten, die feine Menschen hervorbringen, ein gewisser Verdacht gegen das Distinguierte, das damit einhergehen kann. Überhaupt wird es als Symbol der eigenen Weltgewandtheit angesehen, ausschließlich Weine aus Frankreich, Spanien und Italien zu mögen. Nicht dass es dort nichts Gutes gäbe, doch in Kombination mit der besagten Geldknappheit ist das Resultat oft fatal, zumal die Flaschen meistens im Supermarkt um die Ecke von Kommilitonen gekauft und ungefragt mitgebracht werden. Nur durch einen Zufall: durch das Geschenk eines griechischen Weinkenners, gelangte ich in den Besitz einer Flasche Pinot Noir Reserve, die mir damals absurd teuer erschien. (Heute erscheinen mir die 20 Euro, die man dafür bezahlen muss, eher als eine Art Schutzgebühr, weil der knappe Ertrag sonst zu schnell ausgetrunken wäre.)
Ich öffnete die Flasche, goss mir ein und führte das Glas zur Nase – noch mit dem ersten Schluck im Mund eilte ich zur Universität und exmatrikulierte mich auf der Stelle. Diesem Getränk wollte ich von nun an mein Leben widmen!
Der Pinot Noir Reserve war der mächtigste Wein, den ich bis dato und seitdem gekostet habe. Nicht nur schmeckt er, als habe ein genialer Apotheker die Traube zu einem Elixier konzentriert, er demonstriert auch, zu was auch deutscher Spätburgunder fähig ist. Das ist nämlich die große Leistung Oliver Zeters: Die deutschen Trauben so groß zu keltern, dass sie auf ein ganz neues Niveau gehoben werden. Das gilt nicht nur für den Spätburgunder, dessen Abgang, selbst wenn man von der Pfalz aus zu Fuß unterwegs ist, einem noch in Frankreich auf der Zunge liegt, sondern auch für Zeters berühmten Sauvignon Blanc, dessen präzisen Geschmack man in Frankreich und noch in Neuseeland loben wird, dessen Seriosität man aber wohl nur im Heimatland Helmut Kohls hinbekommt. Die Knalligkeit exotischer Aromen fehlt hier nicht, sie ist aber dezent eingebunden in eine perfekte und sehr erwachsene Gesamtkomposition, zu einer kulinarischen Union aller Kontinente.
So ist es das Verdienst Zeters, dieses so unbonapartisch wirkenden Mannes, das Beste aus der ganzen Welt versammelt zu haben. Er ist der erste wirklich global denkende Geist der Weinwelt, der sich nicht mit dem zufriedengibt, was schon seit eh und je durch Zufall im deutschen Weinberg lag. Zeter greift unumwunden nach Frankreich und packt sich die finesse und einen Sinn für Qualität, den er in Deutschland kaum zu fassen kriegte – sie veredeln seine Spätburgunder und Sauvignon Blancs zur Perfektion. Er fasst ins ferne Afrika und holt sich Aromen, von denen die Pfälzer Urväter nichtmal träumten. Aus dem Morgenland erbeutet er Myrre und Weihrauch für seinen ZAFRÀN. Er umklammert alte und neue Welt, kurzum: Oliver Zeter ist ein wahrer Napoleon des Weinbergs. Selbst meine frankophilsten Kommilitonen von früher kaufen sich heute, mit Baskenmütze und Baguette ausgestattet, Oliver Zeters Weine für ihre Nouvelle Vague-Filmabende.
Zeter, zu Pferde im Weinberg