Sommer, Fernglas und Burgunder. Die Spätburgunder des Weinguts Hermann

Neben Spätburgunder steht bei vielen die Ornithologie ganz hoch im Kurs. Sehen und gesehen werden, heißt es hier. Wahre Hobby-Ornithologen interessieren sich aber weniger für die offensichtlichen und prolligen Vögel, die viele Wappen und Labels zieren. Wahre Ornithologen haben Freude am scheinbar Unbedeutenden: nicht Pfau und Adler, nicht Falke und Huhn, sondern Stieglitz, Rotkelchen, Schwalbe und Milan. Ihr Ruf lässt die Herzen der Vogelfreunde höher schlagen.

Auch bei der sptbrgndr-Redaktion ist das Interesse für die kleinen Racker groß. Im Frühsommer, wenn das Leben in die heimische Natur zurück gekehrt ist, werden Ansitzstühle ausgeklappt und Ferngläser geschultert. Wie sich Bier zum Fussball verhält, so verhält sich Spätburgunder zur Ornithologie. Denn Burgunder schärft die Sinne und macht sensibel. Man sagt, der Dachverband Deutscher Avifaunisten schwöre vor allem auf die Burgunder des Weinguts Hermann. In Altvoightsburg im Kaiserstuhl lebt man noch mit den kleinen Vögeln in Eintracht und die besten Weine werden nach ihrem Gesang benannt: Cantus Avis.

Wir machen die Probe aufs Exempel und tunen unsere Sinne mit Falk Hermanns Cantus-Avis-Weinen: Blauer Spätburgunder (2013 und 2014) und Reserve – Blauer Spätburgunder (2011). Während die gefüllten Gläser Luft atmen, schnuppern auch wir in die Natur und versuchen einen Blick auf die scheuen Vögel zu erhaschen. Wir nehmen einen Schluck vom Blauen Spätburgunder, um die Wirkung anzutesten: ganz seidig angenehm und hochwertig! Der Erfolg lässt nicht lange auf sich warten. Schon kommt ein Kelchen angeflogen und nimmt vertraut auf dem Rand des Glases Platz – nur zu, Gevatter Rotbrust, gönn dir nen Schluck und sing uns ein Lied. – Der Vogel tut wie ihm geheißen war, trinkt und hebt zu singen an: “Spätburgunder, Spätburgunder, heilge Traube Sonnenglanz…”

Es kommen weitere und tuen es ihm gleich. – Krass, der Wein lässt uns den Gesang der Vögel verstehen und sie singen weiter zu uns: „Wir Vögel sind wie diese Spätburgunder / verkünstelte Natur stellt sich in uns authentisch dar. / Vom Kaiserstuhle flogen wir, / vom Wein befeuert singen wir”. – Die Singvögel berichten, wir verkosten. Die sptbrgndr-Redaktion ist in jedem Fall ganz angetan von Falk Hermanns Weinen, die alle von einer filigrane Urtümlichkeit und gekonntem Holzeinsatz geprägt sind. Das ist großartiger Spätburgunder, der Abseits von modischen Trends und Marketingklimbim erdet und Maßstäbe setzt. 2013 sei ein hochreifer Jahrgang gewesen, hören wir aus dem Gesang heraus, sehr würzig, bisschen rauchig, komplex und anregend. 2014 wurde von einer kühleren Vegetation beherrscht, auch sehr filigran, mineralisch und anhaltend. Jetzt schon spannend, in einigen Jahren aber sicher noch besser! – Der Reserve ist aber noch einmal ne andere Klasse, da verschlägt es selbst den Vögeln die Sprache: vulkanisch elegant, pur komplex. – Grandios! Andächtig wird die Redaktion von den scheuen Tieren beim Trinken beobachtet. Dann ist auch das letzte Glas gelehrt, die Tiere heben die Stimme zum Gruß, doch wir verstehen nichts mehr.